Donnerstag, 14. April 2016
"Heute hast du seltsame Farben!" - Wie gut es tut, über seine Wahrnehmungen sprechen zu können
Eine Freundin - die, der ich die Farbe von Schmerz beschrieben habe - weiß sehr intensiv über meine Synästhesie bescheid. Sie interessiert sich nicht nur sehr dafür, sondern versucht es nachzuvollziehen und zu verstehen. Einmal sagte sie, gern mal mit mir tauschen zu wollen, wenndas ginge, nur für einen Tag. Sie hat auch so schon ein gute Menschenkenntnis, und oft teilt sie mir ihre Vermutung mit, was sie denkt was ich bei einer Person gerade sehen müsste, und dann werten wir das aus. Das tut gut. Obwohl sie keine Synästhesie hat, geben mir diese Gespräche das Gefühl, damit nicht alleine zu sein. Ich muss sie nicht still für mich aufschreiben und dann vergraben - ich kann darüber reden, meine Wahrnehmungen mit jemandem teilen, sie verarbeiten. Gerade bei der Sache mit den Gefühlen gibt es Dinge, die ich nicht einfach "abhaken" kann, die mich beschäftigen. Da tut es gut, jemanden zu haben, der zuhört. Und manchmal, ziemlich oft eigentlich, meinen Gedanken etwas auf die Sprünge hilft.
Das Schöne ist, dass sie mich oft nach ihren Farben fragt. Ich kann zu ihr sagen: "Du hast heute seltsame Farben." oder "Die Farbe, die du heute hast, kann ich nicht einordnen." und dann kann ich ihr die Farben erklären (oder es versuchen).

Ungefähr vor drei Wochen gab mir genau diese Freundin an einem Tag Rätsel auf. Auch sie zählt zu denen, die meist konstante Farben haben. An diesem Tag ärgerten wir uns ziemlich über eine Lehrerin. Ich war gerade gut in Fahrt, da ließ mich etwas stutzen. Fasziniert versuchte ich, aus dem Farbenbrei meiner Freundin schlau zu werden, während sie mich belustigt ansah und darauf wartete, dass ich etwas sagte. Schließlich rang ich mich zu der Aussage durch:
"Das ist eine verdammt seltsame Farbe."
"Was denn für eine?"
"Schwer zu beschreiben ... so dunkelbraunes Olivgrün mit hellen Flecken."
Meine Freundin lachte, und ich nahm mir vor, ihr das am Abend auf Paint aufzumalen und zu schicken. Das tat ich dann auch. Hier das Ergebnis:

Natürlich musste ich ihr genau aufschlüsseln, welche Bedeutung die Farben hatten. Und natürlich zeichnete ich ihr auch einen "Klecks" mit den Farben, die ich normalerweise an ihr sehen konnte. Mir fiel auf, dass auch die negativen Farben - wie an diesem Tag - leichter erträglich sind, allein dadurch, dass ich mit jemandem darüber rede.

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