Montag, 14. August 2017
"Eine Erzieherin muss voller Elan sein, die Kinder mitreißen! ... Es ist eben jeder anders. Ich erwarte eigentlich nur, dass du Ideen hast."
Ja wie jetzt? Ein solches Gespräch hatte ich heute mit meiner Chefin. Naja, es wurde natürlich noch sehr viel mehr geredet. Aber diese eine Sache geht mir nicht aus dem Kopf. Morgen wird sie mich hospitieren, und weil mich in den letzten Tagen mehr und mehr das Gefühl beschlich (besser gesagt, ich es spürte, aber das kann ich ihr ja nicht sagen), dass ich ihr nicht so ganz gefalle, habe ich ihr heute gesagt, dass ich Angst habe.
Angst. Die begleitet mich seit zwei Wochen wieder. Dazwischen war es fast gut. Ich hörte Sätze wie: "Du hast dich richtig ins Positive verändert." oder "Die Portfolio-Seiten hast du super gestaltet." Und heute? Plötzlich ist da ein anderer Unterton. Plötzlich werde ich mit unserer Kollegin verglichen - die XY ist bombe, so wie sie werde ich nie sein. Muss ich das? Warum soll ich so sein wie sie? Jeder Mensch ist anders. Das ist das, was sie immer sagt, was wir den Kindern vermitteln.
Plötzlich will sie nochmal gucken, ob ich die Kinder voranbringen kann. Sie sei sich nicht sicher, ob das, was ich tue, zu dem passt, was sie erreichen will. Was für eine Aussage! Aber sie erwarte nichts von mir, außer, dass ich Ideen habe.
Von meiner Kreativität habe sie noch nichts gesehen. Ich frage mich, wen sie vor zwei Wochen für die Portfolio-Seiten gelobt hat. Wem sie in der ersten Woche sagte, die spontan ausgedachte Rückengeschichte habe ihr gefallen. Und wem sie letzte Woche sagte, sie erwartet nicht, dass ich mit den Kindern bastle, Freispiel sei wichtiger.
Ich muss mehr Beziehungsarbeit leisten, die Kinder für mich begeistern. Heute früh kam eins unserer Krippenkinder freiwillig von Mamas Armen in meine gelaufen. Ein anderes Krippenkind ruft durch die ganze Einrichtung meinen Namen, weil sie mir was zeigen will.
Mein letztes Angebot entsprach nicht dem situationsorientieren und kindbezogenen Handeln, aber alle waren voll bei der Sache und sprechen immernoch von dem gemeinsamen Ergebnis. Dabei hätte ich sie doch nicht aus ihrem Spiel rausreißen sollen.
Und, die Krönung: ich sei unsensibel. Unsensibel! Viele Kritikpunkte aus dem Gespräch - offener werden, mich ws trauen, mich einbringen, Ideen haben - kann ich gut und dankbar annehmen. Schließlich kann ich mich nur verbessern, wenn mit mir geredet wird. Ich sehe sogar ein, dass mir auf die Finger geguckt wird. Ich sehe nur zwei Dinge nicht ein, und die sorgen für diese Angstgefühle, die ich habe.

1. Ich soll mich nicht verstellen, soll Ideen einbringen, mich was trauen - aber ich werde auch nicht gefragt, angesprochen, einbezogen. Jeder ist anders, aber sie überlegt, ob ich zu dem passe, was sie will?

2. Ich soll unsensibel sein. Vermutlich (nur vermutlich!) denkt sie auch, ich gehe nicht auf die Kinder ein oder habe kein Gespür für sie.

Über das "unsensibel" komme ich einfach nicht hinweg. Ich gehe auf die Kinder ein, wenn sie traurig, wütend, enttäuscht sind. Ich habe ein Kind heute früh fröhlich gemacht, als es geweint hat. Zu mir kam das Krippenkind heute früh. Ich bekomme erzählt: "Weißt du, Frau ..., ich musste gestern weinen, weil ich Heimweh hatte." Ich komme super mit den beiden Eltern klar, vor denen ich gewarnt wurde: "Bei denen musst du vorsichtig sein, die sind speziell." Und wer ist die, die nach einer Das-geht-nicht-Erklärung ein enttäuschtes Kind in den Arm nimmt und sagt: "Aber ich verstehe dich."?

Wenn ich hier so schreibe, denke ich an die Praktika in der Vergangenheit zurück, die schiefgelaufen sind. Irgendwie ist das nicht selten bei mir. Wo ich auch bin höre ich, ich sei unsensibel, nehme zu wenig wahr, handle nicht nach der Situation. Ich werde mich niemals hinstellen und sagen, ich mache es richtig und die anderen sind komisch. Im Gegenteil. Wie oft habe ich mich gefragt, was ich anders machen muss? Wie oft habe ich gezweifelt, wie oft war ich verzweifelt. Auch jetzt, in der letzten Zeit, denke ich wieder: Kann ich es wirklich nicht? Bin ich tatsächlich so ein Problem? Passt die Welt nicht zu mir, oder ich nicht zu ihr?
Und doch, eine winzige Sache ist da, die ausreicht, dass ich nicht aufhöre. Die dafür sorgt, dass ich mir am Ende doch sage, so schlecht kann ich nicht sein. Es ist etwas, das bisher in jeder Einrichtung so war:
Die Kinder, die alle anstrengend finden, die "mit
Vorsicht zu genießen" sind, die "Schwierigen" -
das sind die, die mir Bilder malen. Das sind die,
die sagen: Ich hab dich lieb. Das sind die, die
bei mir, nur bei mir, ganz anders sind. Das sind
die, die mich jedes Mal am Ende angesehen
haben und sagten: "Ich will nicht, dass du
gehst."
Wenn ich daran denke, denke ich jedes Mal: eigentlich sollte ich über solche Aussagen gar nicht nachdenken. Innerlich weiß ich ja, dass ich keine Katastrophe bin. Aber da ist die Probezeit. Die Angst, rauszufliegen. Die Angst, Worte zu hören, deren Stich nicht wieder aufhören wird zu brennen. Also sagt man, dass man an sich arbeitet. Und arbeitet an sich. Man denkt sich: nur noch 2 Wochen, dann ist dasunddas. Danach nur 3 Wochen, dann ...
Aber abends, wenn ich alleine in meiner Wohnung sitze, könnte ich weinen, dass ich so denke. Man sollte morgens aufstehen, normal gelaunt zur Arbeit gehen, heimkommen und leben. Doch so einfach ist es nicht. Kommende Nacht werde ich wieder mehrfach aufwachen und jedes Mal denken: Bitte, lass es noch ewig sein, bis der Wecker klingelt. Beim Zähneputzen werde ich Tränen unterdrücken. Auf Arbeit werde ich alles geben. Am Nachmittag werde ich dasitzen und mich fragen: >Bin ich bescheuert? Warum habe ich mich so fertig gemacht?< Und werde mich furchtbar albern finden. Und dann ist wieder Abend. Wie lange geht dieser Kreis? Wie lange dauert es, bis man ihn durchbricht?

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Schwierig ...
... wenn Leute mit widersprüchlichen Aussagen kommen, wie deine Chefin es tut.

Ich kann mir so absolut nicht vorstellen, dass du unsensibel bist. Wahrscheinlich verstehen die Leute dich nur nicht, denn du siehst andere Dinge als sie. Die Kinder zeigen ja eine ganz andere Reaktion.

Die Frage ist, was will deine Chefin eigentlich erreichen und ist ihr das Wohlergehen der Kinder wirklich das Wichtigste?

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Wird immer schlimmer
Ich fühle mich dort emotional auch überhaupt nicht akzeptiert. Ich bin wirklich am Überlegen, ob ich den Träger um eine Versetzung bitte ... Das halte ich auf Dauer nicht aus. Aber mit ihr zu reden macht es, glaube ich, nur noch schlimmer, und sollte so ein Wechsel nicht klappen, dann hab ich ein richtiges Problem auf Arbeit.

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Eine wirklich blöde Situation ...
... in der du dich da befindest. Hoffentlich klappt es mit einer Versertzung!

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