Dienstag, 2. Februar 2016
"Du siehst Farben? Das kapier ich nicht!" - Also wie ist jetzt Synästhesie?
Das werde ich oft gefragt. Wenn ich, und das ist selten geworden, meine Wahrnehmungen mit anderen teile, indem ich von ihnen erzähle, kommen Kommentare wie: "Also ist bei dir immer alles bunt." oder "Und wie siehst du das da?"
Am liebsten würde ich manchmal schreien - Nein, ist es nicht! Mit den Augen, mensch! Denk doch mal nach! Aber ich erkläre freundlich und geduldig. Oder eben nicht, wenn ich spüre, dass derjenige es nicht verstehen wird oder nur aus Spott fragt.

Für die, die es tatsächlich interessiert, habe ich irgendwann begonnen, mir leicht verständliche Erklärungen zurechtzulegen, die ich dann wie auf Knopfdruck sage, wenn ich wieder einmal gefragt werde: "Synästhesie? Was soll denn das sein?" oder "Wie geht denn das?"
Innerlich denke ich mir dann: Was soll die Frage? Schließlich ist die Wahrnehmung einfach da. Punkt. Ich kann sie weder abstellen, noch verändern - und glaubt mir, manchmal wünschte ich, ich könnte das. Inzwischen antworte ich auf die Frage, was Synästhesie eigentlich ist, immer gleich:
"Bei Menschen mit Synästhesie sind Sinne miteinander verknüpft, die nicht miteinander verknüpft sein sollten."
Ein schöner Satz. Treffend und einfach. Leider begreifen ihn die Wenigsten. Anderen irgendwas erklären zu wollen, habe ich größtenteils aufgegeben. Für alle, die mehr von mir darüber erfahren wollen, habe ich ein paar Informationen zusammengetragen, die aber ebenfalls mir sehr geholfen haben, um meine Wahrnehmungen einordnen zu können.

So habe ich mit der Zeit herausgefunden, dass meine Wahrnehmungen unter die genuine Gefühls-Synästhesie fallen müssen. Hui, ganz schön fachlich! Natürlich werfe ich nicht nur große Worte rum, sondern weiß auch, was die Wissenschaft dahinter versteckt. "Genuine" Synästhesie ist angeboren. Von Geburt an hat man bei bestimmten Reizen bestimmte Wahrnehmungen. "Gefühlssynästhesie" ist auch absichtlich hervorrufbar und bezeichnet nichts anderes als die Tatsache, dass die Wahrnehmungen (also die Farben) zusätzlich ein inneres Gefühl auslösen. Und bei mir hat das sogar noch eine Bedeutung - aber dazu später mehr.

Bleibt noch die Frage: "Wie ist das so, wenn man Synästhesie hat?"
Tja, wie ist das so. Für uns, die mit diesen Wahrnehmungen geboren wurden - so wie ich - ist es überhaupt nichts Besonderes. Es ist einfach normal. Die Welt ist einfach so, wie wir sie sehen. Oder anders gesagt: für uns ist es unvorstellbar, all das NICHT zu sehen! Da würde irgendwas fehlen, die Welt wäre irgendwie nicht komplett. So, wie es für alle anderen normal ist, ein schwarz geschriebenes Wort in schwarz zu lesen, so ist es für uns normal, dass dasselbe Wort mindestens fünf Farben hat.

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